Siehsse! - Steffen Kersken

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Siehsse!

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Kapitel 1 - Auszug aus "Veränderung"
...
Ich war neulich in Rheinberg, da saß ein alter Mann mit Zottelbart und Flasche Wein auf dem Marktplatz, guckte so in die Welt hinein und sprach die ganze Zeit vor sich hin:
„Ich war da und ich werde gewesen sein, ich bin da und ich war. Ich bin und ich war. Verhext!“ Der Mann war völlig durchgedreht, steckte fest im Sein und im Vergehen! Er war total bekloppt geworden, nur weil sich alles bewegt und schon gleichzeitig wieder vorbei ist, noch bevor es eigentlich losgeht. Ich war, bevor ich eigentlich richtig gewesen bin. Wir werden geboren und fangen sofort an, älter zu werden, bis wir sterben: Man ist und man war schon. Ich bin gerade und eigentlich auch so gut wie weg.

Aber die größte Veränderung überhaupt ist nun mal das Sterben an sich, nicht wahr! Es gibt tatsächlich Leute, die behaupten stock und steif, dass sie nicht sterben, bzw. glauben sie fest daran, dass sie den Löffel nicht abgeben müssen. Diese Menschen leben dann auch ihr Leben genauso, als könnten sie den Tod einfach überholen oder sich freikaufen. Das sind Leute, die den silbernen Löffel abgeben, sag ich dann immer zu meiner Frau, also die sind zu fein zum Sterben, weil sie was Besseres sind, einfach zu fein für alles, solche feinen Menschen. So wat soll es ja geben, nicht wahr, dass Leute gehobener sterben als andere, das nennt man dann Zwei-Klassen-Sterben. Nee ist wahr, das hat man ja manchmal, solche feinen Herrschaften, die bei uns am runden oder eckigen Tisch sitzen und doch immer ein bisscken feiner sind als andere Leute. Dann gibt es wiederum Charaktere, die leben permanent auf der Überholspur, da denke ich mir immer, sie möchten der Veränderung und dem Sterben entwischen, wegrennen, flüchten, verdrängen, entlaufen, sich befreien vom Verfall und unantastbar bleiben: Geld sammeln, Konto dick machen, Reisen mit dem Flieger, segeln mit der Yacht, speisen im Hafen, Smalltalk mit interessanten Leuten, so heißt dat doch immer, wenn sich die High Society trifft!
„Da waren nur interessante Leute!“

Jetlag und Austausch, man ist, was man isst, Kaviar und Tafelspitz, man ist, was man trägt, die Zeit spricht Rolex und schnell noch ein Selfie mit interessanten Leuten, morgen trifft man ja schon wieder andere interessante Leute. Die Twitter- und Facebook-Welt kann dann neidvoll mitansehen: „Ich bin wieder nur mit interessanten Leuten unterwegs, der Welt und der Veränderung voraus, dem Hungerleiden in Afrika entronnen, den Kriegen und Flüchtlings-Strömen entkommen, bin ich wieder mal up to date. Du musst dich nur immer wieder selber überholen, nicht wahr!“ Applaus. Jetlag als Szeneerkrankung und Jetlag ist in: „Also dieser Jetlag … ich werde ihn nicht los! Dabei habe ich schon alles versucht: Champagner von Singapur nach Mallorca, Golfen in Malibu und Sauna in Kitzbühel, wegen der Entspannung. Ich habe sogar neulich beim Empfang die Krevetten weggelassen, das war schon anders als sonst, also verändernd müsste ich sagen, aber diesen Jetlag wird man einfach nicht los!“
Dat sind Probleme, liebe Querdenker! Jetlag ist das Karzinom der edlen Gesellschaft und das Gebrechen der feinen Leute.
Jetlag, da fällt mir wieder mein Gedanke ein: ich bin da, aber gleichzeitig schon wieder weg!
Ich bin und schon war ich. Jetlag eben.

Ist doch klar, datt dat Kopfschmerzen gibt, wenn man dem Leben voraus sein möchte und der Veränderung ein Schnippchen schlagen will, so könnte man es doch formulieren. Man möchte sich von Veränderung nicht einholen lassen, die Veränderung durch stetiges „Feinsein“ verhindern oder die Veränderung verändern. Ich habe das Gefühl, glücklich macht das scheinbar auch nicht, jedenfalls gucken die Botox-Gesichter immer so gleichgültig in der Gegend herum, da müssen Sie mal drauf achten: Bei Botox-Gesichtern heißt Lachen mit den Ohren zu wackeln!
Aber die Veränderung aufzuhalten, ist quasi unmöglich, sie zieht an einem grinsend vorbei, punktuell zumindest, ganz ohne Botox, immer wieder mal. Da machste nix dran! Isso!
Und die Leute merken dann doch, das sich alles um sie herum verändert und sie selbst sich auch.
„Du musst da irgendwie mit zurande kommen!“, so sagt man bei uns am Niederrhein. Wir müssen mit der Bewegung zurande kommen und uns durchschlängeln, wenn die Veränderung des Weges kommt und uns notfalls immer wieder neu erfinden!
Aber wenn ich mich mit Veränderung gesund auseinandersetzen möchte, also ich sage jetzt mal gesund, denn nicht immer verändert sich etwas gesund, manchmal merkt man, dass Leben sich verändert, wenn einem etwas zustößt, man nicht mehr gesund ist oder jemand erkrankt, den man liebt: Das ist dann negative Veränderung.
Es passiert etwas und es ist alles anders, ganz plötzlich, von jetzt auf gleich sind wir aber voll drin in der Veränderung: voll im Wind, volle Breitseite, wir stehen mit beiden Beinen in der Suppe.

Der Alltag an sich zeigt uns ja kaum Veränderung, weil wir ihn minutiös strukturieren, ihn kontrollieren möchten, um Veränderung auszuschließen, wir mögen nämlich keine Veränderung und fühlen uns nur in unserer Struktur sicher, deshalb ist es ja auch wichtig, den Begriff nicht aus den Augen zu verlieren, weil es jederzeit passieren kann, das mit der Veränderung: von der Hand in den Mund, von jetzt auf gleich, auf der Stelle! Ich bin und ich war. Ein Herzinfarkt, der Schlaganfall, ein Mensch stirbt, Jobverlust oder dein Zuhause brennt, wie in Syrien. Auch schlimm, so wat! Wir sind oft nicht auf Veränderung vorbereitet. Warum eigentlich? Der Alltag trügt, in die Arbeit stürzen und funktionieren, bis der Arzt kommt, ist die günstige Variante von Verdrängung, also günstiger im Vergleich zum Jetset-Leben, wenn es um Veränderung geht.
Veränderung ist deshalb ein bedeutender Begriff: ...
...
Aber Hand aufs Herz und nicht vor den Mund, sogar Ärzte rennen hin und wieder zum Schönheitschirurgen, um Veränderung aufzuhalten, oft sehen sie danach aber auch sehr, sehr verändert aus:

Die Zeit und Veränderung
Den Prozess und das anders werden
Aufzuhalten
Erscheint mir
Bei genauerem Nachdenken und Zerdenken
Grübeln und Ersinnen
Reflektieren und Kopfzerbrechen
als unmöglich
Geradezu fern oder paradox

Ich habe immer gedacht
Du hast starke Hände
Als Handballer warst du immer stark
Hast Schlachten geschlagen
Als Mensch hast du andere begraben müssen
Hast den Schmerz ertragen
Als Mann warst du immer stark
Hast andere mit Händen getragen
Jetzt hältst du das Leben fest
Das Gute darin wird umklammert
Mit deinen Händen

Ich dachte immer
Meine Schultern sind kräftig
Wie ein Berg
Aber es war einfach nichts festzuhalten
Mit meinen Händen!

Das Leben zerfließt
Durch meine Hände
Hindurch und daran vorbei
Wie rieselnder Sand
Durchbricht es dicke Wände
In stetig laufender Zeit
Das Leben zerfließt
Durch meine Hände
Wie aufwirbelnder Staub
Zerschneidet es freundschaftliche Bände
In unaufhaltsamer Bewegung

Die Finger greifen noch
Schnipp, schnapp
Zurück bleibt Schmerz und Traurigkeit
Es sind eben die Erinnerungen
Die mich quälen
Und das Hier und Jetzt verzerren

Das Hier und Jetzt zu genießen
Darin zu stehen
Ohne es festhalten zu müssen
Es zu spüren
Auch wenn es vergeht
Ja, nicht mehr
Alles festhalten zu wollen
Das erscheint mir
Nach längerer Überlegung
Wie auch Kopfzerbrechen
Meinen Händen gut zu tun

Ich habe beim Nachdenken über Veränderung, gegenüber Vergänglichkeit und dem Bedürfnis, festhalten zu müssen, eine für mich gute Einstellung entwickelt:

Wechseljahre, das habe ich neulich von einer Patienten gehört, wäre eine wirklich spürbare Veränderung, sonst merkt man Veränderung oft gar nicht. Also Wechseljahre, das verändert, kann man schon sagen, nicht wahr! Man fühlt sich urplötzlich anders, verkehrt, indifferent und widernatürlich, oder nicht? Doch! Ja? Nein? Vielleicht? Warum ist mir gerade so heiß? Nee, mir ist doch kalt!
Sie habe dadurch auch ein passendes Thema für die Therapie gefunden, nämlich ihre Wechseljahre.
Ich fragte dann: „Gut, wie oft kommen denn die Symptome vor?“
„Momentan denke ich permanent über einen Partnerwechsel nach!“, sagte sie.
Liebe Querdenker, auch das ist Veränderung!
Ich habe dann einfach mal angefangen, positive Veränderung auf der einen Seite aufzuschreiben und die negative auf der anderen, also um prägende Lebenserfahrungen einfach mal getrennt voneinander betrachten zu können. Das tat mir sehr gut, weil ich persönlich dazu neige, negative Veränderung intensiver und öfters wahrzunehmen als positive. Mal den Blick für positive Veränderung zu schärfen hilft, in negativen Zeiten auch etwas Positives zu entdecken. Vielleicht ist das aber auch der Grund, warum viele Menschen Angst vor Veränderung haben, weil wir uns an das Scheitern und Fallen eben öfter erinnern, aber das Positive vergessen, weshalb wir mit Veränderung immer Negatives assoziieren...

...Ter Steegens hätte es am Kopp, wegen der allgemeinen Gereiztheit, quasi eine Verstimmung auf Rezept. Er selber findet Wutausbrüche eher normal, gang und gäbe, also Usus usw.
Der Heinzi konnte auch kognitiv alle Straßennamen von Wachtendonk alphabetisch aufsagen, aber alle! Selbst wenn wir nicht in Wachtendonk waren, dann konnte er sie trotzdem aufsagen.
Ich weiss noch, wenn wir bei uns im Schäfchen in Oestrum an der Theke standen und der Heinzi wollte mal ein junges Mädel so richtig beeindrucken, nicht wahr, so wat gibt es ja öfters, dass alte Männer noch mal junge Mädels beeindrucken möchten, dann stellte er sich vor sie hin und fing rastlos, aber wirklich rastlos an, die Straßennamen von Wachtendonk runterzurasseln, aber allesamt und in alphabetischer Reihenfolge! Wirklich! Von A bis Z! Und zwar A wie Am Sportplatz über N wie Nussbaumweg und W wie Wankumerstraße. „X, Y und Z gibt et nicht in Wachtendonk!“, das sagt er auch zum Abschluss noch dem Mädel mitten ins verdutzte Gesicht hinein! Aber so wat von! Jetzt war da aber nur noch eine schwarze Wand, so sagte der Heinzi dat immer. Schwärze! Keine Spur von etwas, nicht das Geringste, kein Stück, nur noch Hohlraum.
Aber unter uns gesagt, sie sollten aber wirklich mal nach Wachtendonk am Niederrhein fahren, das ist wirklich schön da, nur so am Rande gesagt! Und so idyllisch ist es dort, also ungelogen! Ungelogen! Wie ein Veilchen, das im verborgenen blüht, um es mit den Augen eines stillen Betrachters zu sagen. Jedenfalls, ich saß im Nussbaumweg 3 am Küchentisch und Heinzi las mir jetzt seinen Veränderungsplan vor, den er wegen der seelischen Reizung erstellt hatte! Er müsse nun doch einige Dinge anders machen, so sachte jetzt auch seine Frau vor Kurzem.

Der folgende Text beschreibt die verbale Auseinandersetzung zwischen uns, also ter Steegens und mir, man könnte auch sagen: unseren gedanklichen Austausch, hin und wieder frei raus und mit vermerkten Randnotizen und Quergedanken versehen, die uns bei der Betrachtung der Veränderung spontan in den Sinn gekommen sind. Falls Sie, liebe Querdenker, bei der Betrachtung des Textes hin und wieder den roten Faden verlieren sollten, dann ist das überhaupt nicht schlimm! Es gibt bei diesem Plan eventuell überhaupt keinen Sinn oder etwas zu verstehen, was man aus den Augen verlieren könnte, und vor allem müssen wir Veränderung nicht immer unbedingt verstehen, begreifen oder erfassen, sie ist auch ganz von alleine da, vollkommen ohne Verständnis! Veränderung braucht kein Verständnis!

Ter Steegens definiert Veränderung, indem er die eindeutigen Zusammenhänge, ob in der Sozialisation gelernt oder nicht, also diese eindeutigen, untrennbaren, auch die sinnvollen und geistigen wie sachlich-rationalen Zusammenhänge, einfach voneinander trennt, vom Prinzip das Untrennbare auseinanderreißt und wahllos, vielleicht sogar kopflos, die Dinge, Gedanken und Werte wie Sachen neu miteinander verbindet, sprich: Veränderung eben. Ein lapidares Beispiel: Er habe sich angewöhnt, Socken und Schuhe erst im Büro anzuziehen! Das mache ihn freier. Freiheit ist Veränderung. Luft holen, ausatmen!
Fortschritt, Wachstum, Persönlichkeitsentwicklung, Wendepunkt, bla, bla, blub!
„Das sagt meine Therapeutin.“
„Wer sagt das?“
„Sie behauptet das, ich enthaupte das nicht!“
„Wir verdächtigen, dass es so ist!“

Montag Berlin, Dienstag München, Mittwoch Amsterdam, Donnerstag Rom, Freitag Paris, Samstag Köln und Sonntag Schrebergarten.
Wir bilden uns ein Bild, sehen vor Ort die Veränderung!
Ich sehe und ich bilde mir ein Weltbild, ein gezeichnetes Weltbild, ein anderes Bild von meiner Welt, ich fange ein Weltbild ein oder mehrere.
Randnotiz: Hauptsache, ein Bild von etwas, von dem Ganzen, eine Meinung oder Perspektive. Hauptsache, Jetlag und klares Weltbild, klar muss es sein und irgendeine vorzeigbare Meinung muss man haben!
„Wer sagt das?“
„Ich dichte das an, er sagt es mir nach, sie schreibt es mir zu!“
Tapetenwechsel vom Alltag: Aufstehen, Zähne putzen, anziehen, U-Bahn, Händeschütteln, Leben ertragen, sich vertragen, mit sich selbst und dem Leben! Einen Prozess durchleben, eine neue Pubertät anregen, Wandlung, Wechsel, Umsturz, Umbau, bla, bla, bla!
Montag: Kurs 1 - warum ist die Banane krumm? Speed-Denken ohne Sinn und Zweck.
Dienstag: Wenn du doch noch hoch hinaus möchtest: Crashkurs zum Industriekletterer!
Mittwoch: Lets talk about Sex - Sexologische Auseinandersetzung zwischen Leuten, die nur über Sex reden!
Donnerstag: Schöner tot sein! Tipps, wie man auch tot eine gute Figur macht!
Freitag: Jodeln zum Jodeldiplom. Wenn dich deine Frau nicht versteht, jodle die Probleme weg. Singen statt schweigen, ein Therapiegespräch gejodelt!
Samstag: Visagistik - mogeln Sie sich schön.
Sonntag: Lyrik-Abend im Clubhaus: Heinz Müller liest Peter Meier! Oder: Barbara Becker liest die Biografie von Anna Kournikova! Veränderung bildet! Randnotiz: Ich habe das neulich erst noch im Ritumenti in Moers gehört, dass Veränderung bildet, und da ist der Name der Kneipe schon bildend, fördernd, didaktisch, formend und pädagogisch-erziehend. Das hat man ja hin und wieder mal, nicht wahr, dass es Kneipen gibt, da laufen nur gebildete Persönlichkeiten herum. „Ich bin über Goethe an Heine gekommen. Ich bin über Tschaikowsky zu Brahms gekommen. Ich bin über Luther zum Protestanten geworden!“ Das sind intellektuelle Kneipen-Gespräche! So etwas gibt es.
„Wer behauptet das?“
„Sie beschönigt das, er stellt fest, wir betonen etwas!“
„Ich verdrehe das!“
Steigerung ist Veränderung. Aufstehen, duschen, Zähne putzen, U-Bahn, Hände schütteln. Leben ertragen, sich mit dem Leben vertragen.
Luftveränderung, Mutation, Reform, Weichenstellung, Umbildung, Korrektur, bla, bla, blub! Anders machen wollen.

Montag: Heinrich ist tot. Frida ist tot. Bernd ist tot. Sie hinterlassen eine Lücke. Veränderung.
Dienstag : Anders erziehen: Judith! Hörst du? Hol die Kinder aus dem Keller, die Luft wird knapp! Ich wollte mal was anderes als Laisser-faire!
Mittwoch: Seminar. Umgang mit neuen Medien. So schreibe ich WhatsApp-Nachrichten und wie google ich den Ex?
Donnerstag: Herbstkränze für Tisch und Tür.
Freitag: “Nihao!“ Chinesisch für Gefeuerte. Sprachen lernen, die keiner braucht!
Samstag: Zusammen lachen oder Sarkasmus als Fassade.
Sonntag: Anti-Schnarchtraining, inklusive Angehörigen-Beratung. Danach gemeinsames Schnarchen und ggf. Partnertausch.
Vielfalt ist Veränderung. Leben aushalten, mit dem Leben haushalten.
„Wer beteuert das?“
„Sie beglaubigt das, er enthüllt etwas!“
Neuregelung, Konzeption, Intensivierung, Wind of change, Restauration, bli, bla, blo!
Montag: Selbstwert-Kurs: Durchsetzen, aber wie? Gesprächsjudo im Beruf!
Dienstag: Landschaften malen mit Eierlikör. Danach: gemeinsames Vertrinken der Bilder!
Mittwoch: Sport ist Mord. Lust auf Bewegung ohne Sport, dynamische Reflexhandlungen für Bewegungsmuffel!
Donnerstag: Freundeskreis. Ich sage dir jetzt mal, dass ich das nicht mehr möchte, wenn du immer … Freundschaft heißt für mich ab heute: Ich kann dir offen und ehrlich … nicht mehr nach der Schnauze, so sehe ich das! Freunde dürfen sich, gerade als Freunde, alles sagen, ohne gleich … auch wenn du politisch in eine andere Richtung … kann man das doch trennen.
Freitag: Gurke als Kunstobjekt. Gemüse-Schnitzen auch für Nichtveganer. („Der liewe Gott lebt auch im Jemüse. Philosophische Abhandlung über das Beet-Sterben.) Vortrag: Dr. Elmar Dressing, Gesundheitsexperte vom Experten im Gesundheitsamt Kevelaer, a. D.!
Vortrags-Titel: Grünzeug und Seelen!
Samstag: Politischer Kongress zum Thema: Was wir brauchen, wer wir sind, was die Gesellschaft wirklich braucht und welche Fachkräfte wir brauchen, um zu sein und zu wachsen als Einzelner in der Gesellschaft und wie wächst die Gesellschaft für den Einzelnen oder wie wachsen Gesellschaft und das Individuum zusammen, also Wachstum im Sinne von: am Arsch vorbei!
Bandbreite ist Veränderung! Immer voran. Anders sein.
„Wer beschönigt das?“
„Ich enthaupte was? Sie beschwört das, er mutmaßt etwas!“
Aufstehen, gehen, heimkommen, schlafen, aufstehen, essen, gehen und heimkommen. Leben überleben. Leben leben wollen.
Ortsveränderung, Abweichung, Reparatur, Divergenz, Abweg, redigieren, Wendepunkt, Konjunktur und bla, bla, tara! Evolution.
„Ja!“, sag ich noch zum ter Steegens.
„Veränderung,
Ich hasse dich nicht wirklich
Wir ergänzen uns auch immer ganz gut
Wir benutzen uns
Sammeln Profit
Fliegen mit dem Wind
Lachen und weinen

Aber ich bin nicht dein Kind
Und du nicht mein Vater, oder meine Mutter
Oder das Haus, in dem ich wohne
Du bist wie mein Körper
Mein Gesicht wird alt
Die Haare grau
Aber meine Augen behalten ihre Farbe
Und du bist immer da

Alles um mich herum verändert sich
Alles um mich herum stirbt
Menschen, die ich liebe
Häuser
Arbeitsplätze
Aber mein Herz schlägt weiter

Ich hasse dich nicht wirklich
Aber ich bin nicht dein Kind
Sondern ein Kind meines Herzens, das schlägt
Und die Bilder einfängt, der Menschen
Die ich liebe
In Ewigkeit“

Ich würde mir wünschen, das Menschen Veränderung hin und wieder anders wahrnehmen, sie nicht verdrängen, ihr nicht entrinnen oder sie durch unseren Wohlstand bedingt übersehen, dann könnten wir unsere Gesellschaft besser gestalten und weltpolitischen Veränderungen, Flüchtlingsströmen, Weltkriegen und Armut anders entgegentreten, vielleicht stärker und mit weniger Ängsten behaftet. Wir könnten andererseits offener das Bedürfnis und den Wunsch nach positiver Veränderung innerhalb unserer Gesellschaft aussprechen, was wir uns für berufliche Veränderungen wünschen würden und wie wir unser Miteinander im Alltagsleben menschlicher gestalten könnten. Leistungsdruck, das Gefühl, austauschbar zu sein, und hohe Erwartungshaltungen innerhalb unserer Arbeitswelt führen dazu, dass wir uns nicht bewegen, nicht äußern und für bessere Bedingungen oder unsere eigenen Bedürfnisse einstehen. Wir halten aus, statt zu verändern, wir verdrängen, statt zu verändern, wir lassen uns von anderen verändern!
Wir sehnen uns nach Veränderung, aber gleichzeitig haben wir oft Angst vor ihr, wir verdrängen sie deshalb, stellen unsere Bedürfnisse hinten an, verlieren uns in falsche Wertvorstellungen und lassen den Frust an der falschen Stelle ab. Wir brauchen Veränderung, nichts steht still, sie holt uns ein, deshalb sollten wir die Chance nicht vertun, Veränderung aktiv und gemeinsam mitzugestalten und uns andersherum nicht von ihr manipulieren lassen. Ich kann Veränderung nicht aufhalten, sie kommt und geht, wann sie will, aber ich gestalte die Veränderung und sie gestaltet nicht mich!
...

Ein Nachwort zum Buch:

Im Sommer 2016 hat mich ein Ereignis besonders bewegt:
Ein hoher Politiker aus Süddeutschland, der einer Partei angehörig ist, die es 2018 erstmals in den Bundestag schaffte, hatte mit dem Foto eines Duisburger Zeitungsartikels, ungeniert und gezielt, Stimmungs-Politik betrieben und von Islamisierung Deutschlands gesprochen. Das Bild wurde symbolhaft auf Facebook für die Unterwanderung Deutschlands verbreitet:
Zu sehen war da ein Foto des Abiturienten-Jahrgangs der Theodor-König-Gesamtschule in Duisburg-Beeck (NRW). Auf dem Foto sieht man insgesamt 13 von 25 Mädchen (also die absolute Mehrheit!) mit Kopftuch, von den 15 Burschen sind gerade ein oder zwei deutsch. Die meisten Jungs oder Mädchen sind in Deutschland geboren, haben den deutschen Pass und waren nicht nach Duisburg immigriert.
Dazu gab es passende Kommentare: „Sind wir bald eine Minderheit im eigenen Land?“, „Das soll die deutsche Zukunft sein?“, „Wartet ab, es werden noch mehr!“, „Nur ein deutscher Junge, mein Beileid! Von wegen es gibt keine Islamisierung!“, so lauteten nur einige harmlosere Kommentare unter dem Bild. Ich stieg in die Facebook Diskussion ein, die bereits größtenteils zur Hetze und zu einem rechtspopulistischen Forum ausuferte. Aus der Perspektive eines Duisburgers, schilderte ich die prekäre Lage des vielfältigen Zusammenlebens der verschiedenen Nationalitäten, mit allen Schwierigkeiten, aber auch den Hintergrund und die Entstehung dieser Situation: durch das Deutsch-Türkische Anwerbeabkommen 1961 zog es tausende „Gastarbeiter“ nach Duisburg-Marxloh in die Zechen und zu ThyssenKrupp Stahl. Während der Stahlkrise der 1990er Jahre verloren 10.000 und mehr ihre Arbeit – wer konnte, zog weg. Geblieben sind vor allem die Türken. Heute haben 64 % der Marxloher einen Migrationshintergrund. Ich versuchte sachlich zu bleiben und zu erklären, das in bestimmten Stadtteilen Duisburgs eine solche Zusammenstellung der Schulklasse zur Normalität gehört, die Menschen miteinander lernen, feiern gehen, Spaß haben und für eine gemeinsame Zukunft in Deutschland leben und kämpfen. Immigration kann funktionieren, gerade in den jüngeren Generationen ist das zu spüren und dieses Bild zeige es deutlich. Es für Hetze, Angst-Mache und für populistische Zwecke zu entfremden, fände ich widerwärtig. Das Institut für Immigration hätte dieses Jahr bereits deutlich gemacht, das der Anteil der Muslime in Deutschland nur 6% betrage. Mein Kommentar wurde mit Beschimpfungen, falschen Tatsachen, Sachlagen, Grundwahrheiten und Fakten deformiert, später wurde ich, ohne die Möglichkeit ein Feedback zu geben, durch den Seiteninhaber (Politiker) gesperrt. Die Kommentare und falschen Sachlagen blieben aber unberührt auf der Seite bestehen. Das ist Politik mit Menschen, Politik um Menschen und Politik für Menschen im Jahre 2017: Angst machen, Panikmache, Populismus, überfordern und ausgrenzen, alles auf Kosten von Schwächeren. Ich bin mit einem der Schüler auf dem Bild über Facebook befreundet und habe mit ihm über die Situation geschrieben. J.S. (19, Noten-Schnitt: 3,1) bestätigte mir: „Wir sind alle sehr gut miteinander ausgekommen – egal welcher Herkunft.“ Ich freue mich auf seinen Besuch zu meiner Musiklesung in Duisburg im März 2018. Ich bin dankbar, das Medien das Thema aufgegriffen haben und die Situation in mehreren Zeitungen und im WDR richtig gestellt wurde. Erst ein paar Tage später habe ich auf dem Stadtfest in Duisburg viele Schüler, Lehrer und Menschen friedlich zusammen feiern sehen, aber im Internet wird bis heute ein anderes Bild dargestellt, was mich enorm frustriert. In den Kneipen merkt man die Wirkung dieser populistischen Einschüchterung: Frust, Panik und Ängste. Die Menschen sind überfordert von den Veränderungen dieser Welt, leiden selbst unter Leistungsdruck und hohen Erwartungshaltungen, pendeln zwischen Ellenbogen-Philosophie zum Dauer nörgeln, bis hin zur Abwehrhaltung und Wutausbrüchen, oft ausgelöst durch die Angst und den Druck, den Job zu verlieren. Die ganze Unzufriedenheit über die mangelnde Wertschätzung entlädt sich auf Politik, bei Schwächeren, bei den Kollegen oder Mitmenschen. Was ist nur los mit Deutschland, fragte ich mich entsetzt? Was ist aus unseren Werten und der Menschlichkeit geworden. Wo ist das ganze Miteinander und die Freundlichkeit füreinander hin, das Aushelfen und Hände reichen? Jeder gegen Jeden heißt das neue Motto und ich bin mir selbst am nächsten!
Ich habe dieses Buch aus einer tiefen Verbitterung geschrieben, denn ich in meiner täglichen Arbeit begegne ich Menschen, die in unserer Gesellschaft scheitern, gedemütigt werden, herablassend behandelt werden, Mobbing erfahren, ausgegrenzt werden oder Verletzungen ertragen müssen. Die Menschen versuchen immer mehr den Erwartungen anderer, den Vorstellungen, Rollen und Werten dieser Gesellschaft gerecht zu werden, aber geraten dabei in Überforderung, scheitern, machen sich Vorwürfe und verlieren dabei Ihren Selbstwert. Viele Menschen fahren die Ellenbogen aus, auf der Arbeit herrscht Konkurrenzkampf und der Schwächere wird ausgetauscht, nur um weiter funktionieren zu können. Wir leben am Leben und unseren Bedürfnissen vorbei und viele Menschen merken es erst, wenn es zu spät ist. Ich bin kein Politiker, ich kann die Gesellschaft nicht ändern, nur täglich da sein, Menschen wieder auf die Beine zu helfen oder ihnen ihren Selbstwert zurückzugeben. Auch das ist ein Grund für dieses Buch. Wir haben nicht immer Schuld daran, das  wir scheitern, denn wir haben in der Mitte der Gesellschaft längst vergessen, was es heißt, menschliche Werte zu leben, sie in den Mittelpunkt unserer Arbeit, der Politik und des sozialen Miteinanders zu stellen. Ich möchte mit meinen Anregungen den Blick für das menschliche schärfen, wir Menschen sind keine Zahlen, keine Statistiken oder Maschinen, die funktionieren müssen. Ich möchte in dieser Gesellschaft wieder glücklich sein, und in meinem Leben weniger  Neid, Missgunst, Fremdenhass, Leistungsdruck und Mobbing erfahren. Ich möchte andere Menschen wieder mehr mögen können und nicht Angst haben, das sie mir etwas Böses wollen. Ich möchte den Fernseher anschalten und nicht immer schlechte Nachrichten von Kriegen, Morden oder Anschlägen sehen. Ich habe es satt lamentierende Politiker zu hören, die an den Menschen vorbei regieren und   einfach vergessen, den Spielplatz um die Ecke und den fehlenden Kindergarten zu bauen, Lehrer und Sozialarbeiter durch Personalmangel in Überforderung zu bringen, Krankenschwester mit dreißig Patienten allein zu lassen, während Manager in der freien Wirtschaft ihr Geld auf die  Cayman Islands tragen. Veränderung braucht jede Hand und persönliche Verantwortung. Wir brauchen zur Veränderung keine Politiker, weder für eine persönliche Veränderung oder dafür, wie wir auf der Arbeit, in der Kneipe oder zu Hause miteinander umgehen und welche Ansichten wir über die Welt oder Menschen in Not entwickeln.
Ich würde mir wünschen, wenn wir einfach wieder mehr menschliche Werte leben und unsere Gesellschaft ein freundlicheres Gesicht bekommt, nämlich ein lachendes Gesicht, denn der Mensch hat viel Gutes in sich, das wir für uns alle nutzen könnten. Ich glaube an den Menschen und ich möchte wieder mehr Mensch sein.

In diesem Sinne, tschüss, ich bin soweit!
Euer Steffen

Kapitel Zuversicht - Auszug

...
Er bekommt Geburtstags-Socken, zu Ostern, zum Nikolaus gibt es sogar Socken im Strumpf, im Weihnachts-Kalender in Tor elf Socken und in Tor dreiundzwanzig sogar der fünf er Pack im Feinripp! Socken, Socken und Socken!  Der Tünnes muss wirklich überall Socken in der Bude herumliegen haben, nicht wahr, wo die Bärbel all die Jahre die Dinger verschenkt hat. Socken auf dem Sofa, in der Küche in den Schubladen, in der Mikrowelle, da müssen überall Socken und Feinripp vom Feinsten in der Gegend rumliegen.  Er kann in einem einzigen Leben  gar nicht so viel Kariere machen, das er bei der Anzahl von Socken alle tragen könnte! Bärbel kann ja nicht wirklich glauben, dass der Jung mit zweiunddreißig Jahren noch aus seinen Socken raus wächst! Ich sage nur: „Socken-Trauma!“. 94 hat er sich schon gefreut, da lag ein Mikroskop unter dem Weihnachtsbaum ,da hebt er dat Ding hoch und wat liegt drunter? Du ahnst et vielleicht! Der Jung muss der Bärbel dann wohl auch mal was dazu gesagt haben!
Also einmal nur, was ihm aber auch viel Überwindung gekostet hat! Wirklich sehr viel Überwindung! Die Bärbel ist auch, wie soll ich et sagen, sehr stringent! Hohe Erwartungshaltung!  Sie muss ihm dann auch tatsächlich ein Jahr mal eine Business Krawatte geschenkt haben, aber wieder  nur Markenkrawatte, der Jung ist ja in leitender Position! So sacht man sich hier. Ich meine, Krawatten sind natürlich Geschmackssache, also ich tue mich da schwer, jemanden einfach so eine Krawatte zu schenken. Bärbel hat mir aber versichert, dass der Jung wohl auch Ihren Geschmack hat, das muss scheinbar vererbt sein, dass mit dem Geschmack. Die Bärbel sei sich da ganz sicher, das die Krawatte dem Jung auch gefallen hat, also ganz sicher!
Er hätte zumindest auch nie etwas Gegenteiliges behauptet! Nie! Nee, da ist sie sich schon sicher. Bärbel hat dann trotzdem später wieder Ripp Socken verschenkt, sie dachte wohl, der Jung wolle nur keine selbst gemachten Socken mehr!
Ich erziehe meine Kinder ja eher Laissez-Fair, nicht wahr: 'Mach du mal, du wirst sehen, was du davon hast! Geh du mal!', sag ich immer zu meiner zwei jährigen Tochter, 'Lauf du mal und komm wieder wenn du Abitur hast!'.
Aber et gibt ja schon Kinder, nicht wahr, wie soll ich sagen. Also. Also nicht wahr.
Ich sag besser nix. Der Apfel fällt jedenfalls nicht weit vom Stamm. So Leute sind dann sprichwörtlich mit Ihren eigenen Kindern gesegnet oder wie Omma Niederrhein immer so schön sagte: „Wie die alten sungen, so zwitschern auch die Jungen!“, obwohl sie das wohl politisch gemeint hatte, Sie müssen nämlich wissen,  zu Krupp und Hitler s Zeiten war bei uns am Niederrhein so ziemlich alles Braun: die Hauswände, die Straßen, die Wiesen und sogar Kühe waren vor Ruß braun  eingefärbt. Aber zum Glück konnte man damals das Braune wieder abwaschen, dann war das wieder besser, also damals ging das noch, heute sieht man das Braune ja nicht mehr so direkt und lässt sich so einfach wegwaschen, nicht wahr. Aber wenn ich wat über den Niederrheiner sagen sollte, dann das er das Leben, immer irgendwie gemeistert hat. Das Leben ist halt nicht leicht, es prägt uns, wie der Niederrhein uns prägt, wie er selbst auch ist: Mal bergig, mal im Tal, mal um Kurven, mal geradlinig, hoch und nieder, fällt er und steht auf, er wird begradigt und ist manchmal voller Pein, dann fließt er frei und hinter den Horizont, wo er still verschwindet, außer Sichtweite. Was dann kommt, weiß ich nicht.
Aber:

So gehst du durch das Leben
Mit beiden Füßen
Der rechte Scherzt
Der Linke Schmerzt
Mit dem einen Springst du
Der Andere fällt
Mit dem Rechten gehst du voran
Der Linke ein Schritt zurück
Der Eine tut weh
Der Andere ist das Glück
So ist das im Leben
Du trägst beides mit dir
Glück und Schmerz
Du trägst es in dir
Auf dir, unter dir
Mit beiden Füßen

Links und rechts ein Fuß
Der Eine zurück
Der Andere voran
Der Eine hoch
der Andere tief
So ist das im Leben
So ist der Weg
Auf dem wir gehen
Mit unseren niederrheinischen Füßen



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